Der frühe Lukács hat Rosa Luxemburg sehr geschätzt, wenn auch nicht kritiklos. Ähnlich der späte Lukács. Noch in seinem politischen Testament Sozialismus und Demokratisierung wendet er sich gegen eine Herabsetzung ihrer Spontanitätstheorie und dagegen, daß in der »Stalinzeit […] die Kontroverse Lenin-Luxemburg manipulativ-demagogisch entstellend« ausgenutzt wurde, „um eine ausschließende Gegensätzlichkeit von bewußtem Handeln und Spontanität zu konstruieren“.1970 äußerte Lukács in einem seiner letzten Interviews (mit dem SPIEGEL): „Frankreich wurde der jüdische Generalstabshauptmann Dreyfus verurteilt, Und aus der ungerechten Verurteilung ist eine Staatskrise entstanden, die das ganze Frankreich für Jahre aufgewühlt hat und die eine Epoche in Frankreich bedeutet. Mitten in einer Revolution sind in Berlin Liebknecht und Luxemburg ermordet worden. Es hat sich niemals der leiseste Wille gezeigt, auch nur zu wissen, wer Liebknecht und Luxemburg ermordet hat, sondern man wollte, daß die Mörder von Luxemburg ihre angesehene Stellung im deutschen öffentlichen Leben behalten.“

Georg Lukács über Rosa Luxemburg (1920)„Rosa Luxemburg ist nicht nur durch ihren Tod zum Blutzeugen der proletarischen Revolution geworden. Ihr ganzes Leben war nichts anderes als ein großer, vom Leid geprägter Kampf um die Revolutionierung des Proletariats. Ein Kampf darum, die richtige Erkenntnis vom Entwicklungsstand des Klassenkampfes, die die sozialdemokratischen Opportunisten vor der Arbeiterschaft bewußt oder unbewußt verschleierten, in das Bewußtsein des Proletariats zu heben, damit aus dem auf diese Weise entwickelten Klassenbewußtsein revolutionäre Aktionen hervorgehen könnten. (…)Rosa Luxemburg war ein wirklicher Führer des Proletariats. Neben Lenin vielleicht der einzige würdige Nachfolger von Marx und Engels.“„Zur Größten der Großen wurde Rosa Luxemburg dadurch, daß sie nicht nur mit richtigem. Instinkt die im Opportunismus verborgenen. Gefahren spürte, sondern mit gründlichem marxistischen Wissen alle Ereignisse der Gegenwart analysierte; (…) in allen Fragen hat sie als erste – in Westeuropa – das Wesen der geschichtlichen Lage erkannt; sie hat als allererste den Imperialismus richtig erkannt, nämlich als letzte Phase des Kapitalismus, und hat seine notwendigen Folgen richtig vorausgesehen: den Weltkrieg und die Weltrevolution; sie hat als erste die einzig mögliche und wirksame Waffe gegen die Gefahr des Imperialismus erkannt: die revolutionären Massenbewegungen.“